Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen in Thüringen notwendig
Anlässlich des heute im Thüringer Landtag beschlossenen Antrages „Umfassende und zeitnahe Rehabilitierung nach 1945 verurteilter homosexueller Menschen“ erklärt Jenny Renner, Sprecherin des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Thüringen:
Der LSVD Thüringen begrüßt es ausdrücklich, dass nach Jahrzehnten der Ignoranz endlich rechtspolitische Konsequenzen aus den schweren Menschenrechtsverletzungen an homo- und bisexuellen Männern in beiden deutschen Staaten nach 1945 gezogen werden. Der heutige Beschluss des Thüringer Landtages ist ein wichtiges und längst überfälliges Zeichen des Respekts und der Anerkennung erlittenen Unrechts. Er fordert u.a. eine beschleunigte Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens und die schnelle und unbürokratische Entschädigung und Rehabilitierung der Betroffenen.
Die Aufarbeitung und Dokumentation der menschenrechtswidrigen Verfolgung muss auch in Thüringen dringend erfolgen. Die von der Bundesregierung versprochene Kollektiventschädigung muss ebenfalls bis in die Bundesländer hineinwirken und über entsprechende Projekte dafür sorgen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von Homosexuellenfeindlichkeit gefördert werden.
Der am 28. April in erster Lesung im Bundestag behandelte Gesetzesentwurf der Bundesregierung muss nun zügig beraten werden. Auch sollte er noch verbessert werden, damit ein wirksamer rechtspolitischer Schlussstrich unter eine Geschichte brutaler Verfolgung gezogen wird.
Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Entschädigungszahlungen sind angesichts des Ausmaßes des erlittenen Unrechts deutlich zu gering. Die menschenrechtswidrige Strafverfolgung hat die Biographien vieler Betroffener zerstört. Viele haben aufgrund der strafrechtlichen Verfolgung auch ihren Arbeitsplatz verloren, nicht selten wurden ganze Existenzen zerstört. Zumindest Betroffene, die sich heute in einer Notlage im Sinne des Entschädigungsrechts befinden, müssen Anspruch auf Opferrenten bekommen. Hier bedarf es dringend einer Nachbesserung.
Hintergrund
Wirksamer rechtspolitischer Schlussstrich unter eine Geschichte brutaler Verfolgung
Verurteilung nach §175 und Wiedergutmachung